Kletterabenteuer ohne klettern

Tja! Soo war das eigentlich nicht geplant. Aber was soll´s? Jetzt kann man das nicht mehr ändern. Und zumindest haben wir daraus gelernt. Aber schön der Reihe nach:

Folgendes stand auf der To-do-Liste für den heutigen Tag:

  1. Auto beim Ghf. Postl abstellen
  2. Gurte anlegen, Material anhängen, Seile nehmen, zum Ausstiegspunkt des „Draschgrat” gehen
  3. zum Wandfußsteig abseilen (3-5 Längen, je nachdem)
  4. „Draschgrat” hochklettern
  5. zum Postl etwas trinken
  6. nach Hause fahren

Abgelaufen ist es dann so:
Nachdem wir ein Stück vor dem Ghf. Postl geparkt hatten, haben wir die Ausrüstung angelegt. Alle Karabiner, Abseilgeräte, Expressen, … in die Gurte gehängt, Getränke in den Rucksack, Schuhe und Helme eingepackt, die Seile geschnappt und es konnte losgehen.

Als wir am Drachenfliegerstartplatz vorbeikamen, sah ich dort die Ausrüstung eines Paragleiters liegen. Unter anderem lag da auch sein Funkgerät.
Shit. Unsere lagen noch im Auto. Also schnell zurück (so weit war es eh nicht) und die Handgurken geholt.

Aber jetzt!
Der Wand folgend wanderten wir zum geplanten Abseilpunkt. Dabei boten sich des Öfteren beachtliche Tiefblicke, die einem schon etwas schwummerig machen konnten.

Am Ziel, beim Ausstiegsplateau vom Draschgrat, angekommen, wurde der Abstieg vorbereitet. Nochmals die Ausrüstung überprüft, die Kletterschuhe angelegt, die anderen Schuhe verstaut, die Funkgeräte eingeschaltet und die Seile aufgenommen. Dann waren wir bereit:

Vorbereitungen beendet

Gerlinde wurde von mir am Stand auf dem Plateau in die Sicherung genommen und über die Kante zum Abseilring gesichert.

Hier konnte sie sich dann am Abseilring in die Eigensicherung hängen und das Seil durchfädeln. Nun das zweite Seil dazu und beide fest verknüpfen. Super gemacht!
Ich habe die beiden Seile dann ausgeworfen.

Während Gerlinde das Abseilgerät einhängte, wurde sie von einem Paragleiter genau beobachtet:

Gerlinde wird beobachtet

Nachdem sie das Abseilgerät eingehängt und mit einer Prusik hintersichert hatte, stieg ich zu ihr ab (durch sie gesichert). Bei ihr am Stand legte auch ich mein Sicherungsgerät ein.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan seilte ich mich zuerst ab.

Durch die zwei verknüpften Seile konnte ich mich gleich über die ersten zwei SL abseilen. Dort, wo die Querung vom „Aeroplansteig” zum „Draschgrat” ist, machte ich Stand.

Das klingt jetzt leichter als es war.
Ich hatte das Gelände vom Klettern deutlich steiler und felsiger in Erinnerung, als es eigentlich wirklich ist. Wahrscheinlich konzentriert man sich beim Klettern auf andere Dinge.

So musste ich beim Abseilen das Seil öfter vorsichtig auf kleinen Absätzen aufnehmen oder aus diversen Pflanzen befreien und wieder ein Stück weiter auswerfen.
Wir sind extra unter der Woche zum Klettern gegangen, da wir davon ausgingen, dass da sonst niemand unterwegs sein wird (sonst hätten wir das Abseilen nicht gemacht). Trotzdem versuchte ich, so wenig Steine und Erde wie möglich aus der Wand zu befördern.

Das ist mir recht gut gelungen, kostete aber doch einiges an Zeit.

Nachem ich Stand gemacht hatte, konnte Gerlinde sich Abseilen.

Gerlinde seilt ab

Aus irgendeinem Grund dauerte es aber fast fünf Minuten, ehe das funktionierte. Sie kam einfach nicht vom Fleck. Obwohl alles richtig eingelegt war, der Prusik nicht klemmte, …

Kurz nachdem dann die Abseilfahrt losging, ertönte auf einmal ein Schrei und ich sah zwei silbrig glänzende Teile durch die Luft fliegen.

Wie sich herausstellte, war ein Seilstrang hinter der rechten vorderen Materialschlaufe vorbeigelaufen. Das sollte eigentlich kein Problem sein, aber irgendwie hat er die Materialschlaufe ausgerissen. Frag mich nicht, wie das geht.

Glück gehabt, dass zu dem Zeitpunkt nur zwei Karabiner darin hingen. Einen davon hat sie beim Abseilen sogar wiedergefunden.

Trotzdem ist es nicht übertrieben, wenn ich sage, dass sie ziemlich angefressen war, als sie endlich am Stand eingetroffen ist.
Ich nahm das nicht so ernst. Noch dazu, wo ich selbst erst vor Kurzem einen Reverso und einen Karabiner ausgestreut hatte. Sowas passiert schon mal!

Jedenfalls war mittlerweile fast eine Stunde vergangen. Zu diesem Zeitpunkt wollten wir eigentlich schon am Wandfuß stehen. Und wir hatten noch drei Abseillängen vor uns. Das hat die Stimmung auch nicht gerade gehoben.

Weiter ging es über die kurze Querung zum „Draschgrat”. Gerlinde hat mich hingesichert, ich habe sie dann nachgeholt. Dabei konnte ich sie noch rechtzeitig vor einem sehr lockeren Henkel bewahren, der bei Belastung mit Sicherheit ausgebrochen wäre.

Jetzt waren wir direkt am Grat und wollten diesen entlang weiter abseilen.
Das übliche Spiel: Seil durchfädeln, verknüpfen, Knoten an den Enden kontrollieren, Warnruf, Seile auswerfen, Sicherungsgerät einhängen, Hintersichern, Abseilen.

Klingt einfach? Ist es auch. Zumindest in einem steilen Gelände. Auf dem eher flachen, sehr zerklüfteten Grat ist es allerdings nicht so einafch. Immer wieder muss das Seil entwirrt und weiter ausgeworfen werden.

Dieses Stück war auch etwas schwieriger, weil man gegen den Seilzug ankämpfen musste, um auf dem Grat zu bleiben und nicht rechts davon (von unten gesehen) in die Spalte abzuseilen, in der größere Bäumchen arge Abseilhindernisse bilden.

Aber Gerlinde hat das super gemeistert und ich folgte nach. Seil abziehen und weitermachen.

Die Stimmung war immer noch nicht besser geworden. Schon zu viel Zeit hatten wir verplempert.
Also entschlossen wir uns, weiter über den „Duettsteig” abzuseilen. Diesen kennen wir schon und wissen, wo die Stände sind (die wir am „Draschgrat” erst suchen hätten müssen).

Außerdem ist es hier steiler, was weniger Probleme mit dem Seil macht.
Um das Ganze noch zu beschleunigen, hatte ich einen Geistesblitz. Wir werfen die Seile nicht aus und sortieren sie beim Abseilen, sondern ich lasse Gerlinde an einem Strang ab.

Das bietet gleich mehrere Vorteile:

  1. es geht schneller
  2. bei Problemen kann ich sie wieder hochholen
  3. kein Verfangen des Seils

Gesagt getan.
Uns schon kurz darauf war Gerlinde am nächsten Abseilpunkt, am Stand der 2. SL, angelangt.

Ich musste nur den zweiten Seilstarng auswerfen, mich mit einer Exe am ersten Strang einhängen und konnte gezielt zu Gerlinde hin abseilen.

Das gleiche Spiel haben wir noch einmal gemacht und schon war Gerlinde am Einstiegspunkt des „Duettsteig”.
Da war gerade eine 3-er-Seilschaft dabei, sich zum Klettern fertig zu machen. Also waren wir doch nicht allein.

Schnell habe ich mich das letzte Stück abgeseilt.
Zumindest bis zu Punkt 3 unserer Liste hatten wir es jetzt gschafft. Allerdings wären wir in dieser Zeit schon mindestens dreimal zu Fuß über die Völlerin abgestiegen. Wenn wir gleich von Anfang an zuerst einen abgelassen hätten, wäre es locker in der halben Zeit gegangen.
Aber wir haben es zumindest gemacht und daraus gelernt.

Jetzt war erst einmal eine Trinkpause angesagt. Auch wenn sich die Wolken immer höher auftürmten und immer dunkler wurden, war es doch ziemlich heiß. Dementsprechend groß war der Durst.

Nach einer kurzen Erfrischung, die 3-er-Partie war schon am Anstieg, haben wir uns auf die Suche nach dem Einstieg zum „Draschgrat” gemacht.
Es dauerte eine Weile bis wir eine Kante entdeckten, die es sein könnte.

Nach einem verzweifelten Versuch diese zu erklimmen, es sollte eine IV sein, gab ich auf. Wieder auf dem Boden angekommen meinte ich, dass müsste wohl etwas anderes sein. Der Einstieg müsse wohl weiter rechts liegen.

Einige Minuten irrte ich durch die Gegend. Gerlindes Stimmung verfinsterte immer mehr, ebenso der Himmel.
Irgendwann konnte ich ihre finsteren Blicke und die unausgesprochenen Voprwürfe: „Du hast mich da hergeschleppt” … „Du hast gesagt, das ist alles kein Problem” … „Du hast gesagt, dass du dich auskennst” …, nicht mehr ertragen.
Ich machte also den Vorschlag, über den „Duettsteig” aufzusteigen. Diesen kennen wir schon und so sollte es keine Problem geben.
Und hinauf mussten wir, denn unser Auto stand ja auf dem Plateau.

Allerdings ging auch das nicht so wie geplant:
Während die Wolken immer dunkler wurden, ich musste die Brille wechseln, war die 3-er-Seilschaft noch immer am ersten Stand. Zumindest zwei davon.

Um etwas Zeit zu sparen, bin ich losgestiegen um zumindest schon einen Teil geschafft zu haben.
Heute ging es nicht um sauberes klettern, sondern nur um möglichst schnell und sicher nach oben zu kommen.

Daher habe ich ungeniert die eine oder andere Expresse als Griff benützt. Im letzten Riss vor dem Stand habe ich einen Klemmkeil platziert. Hier wollte ich warten. Aber es fand sich noch ein Plätzchen am Stand, so dass ich bis zu diesem hochklettert konnte.

Jetzt warteten wir zu dritt.
Wie sich herausstellte, wollte der Vorsteiger der anderen Seilschaft gleich die 2. und 3. SL zu einer verbinden. An und für sich keine schlechte Idee (noch dazu, wenn die Zeit davonläuft).

Allerdings hat er den Stand der 3. SL nicht gesehen. Als er nur noch zwei Expressen über hatte, wurde ihm die Sache zu unsicher und er kletterte zum vorigen Stand zurück.
Kein leichtes Unterfangen, da die Verständigung über eine solche Distanz, und um zwei Ecken, sehr schwer ist.
Ich weiß schon, warum ich Funkgeräte mitschleppe!

Jedenfalls machte er am Ende der 2. SL Stand und ließ das Mädchen nachkommen (ich weiß leider gar keinen einzigen der drei Namen).
Sie war kaum losgestiegen, als schon die ersten Regentropfen fielen. Schon längere Zeit war Donner zu hören gewesen.

Etwa bei Mitte der SL beschloss ich, abzusteigen. Auch die andere Seilschaft beschloss einen Rückzug zu machen. Sehr vernünftig!

Nachdem ich an deren Zentralpunkt einen Karabiner eingehängt hatte, konnte Gerlinde mich ablassen. Unterwegs sammelte ich mein Material wieder ein. Beim Klemmkeil brauchte ich den Klemmkeilentferner und beide Hände. Ich möchte mich nicht selber loben, aber der saß einfach perfekt!

Wieder Boden unter den Füßen begann ich, die Ausrüstung zu verstauen. Zuerst noch schnell die Schuhe gewechselt. Dann die Regenhaube über den Rucksack und unsere Regenponchos ausgepackt. Gerlinde staunte, was ich so alle mithatte.

Jetzt konnte uns der stärker werdende Regen nichts mehr anhaben. Gut geschützt beobachteten wir die anderen beim Rückzug.

Wir hatten vereinbart, dass diese uns dann mit ihrem Auto aufs Plateau zu unserem Auto fahren. Damit war unser großes Problem gelöst und wir hatten Muse etwas fachzusimpeln.

Beim Abstieg ließ ich mir den Einstieg zum „Draschgrat” zeigen. Ich hätte nicht gedacht, dass dieser so nahe beim „Duettsteig” liegt. Wie sich zeigte, war die Kante, an der ich den Einstieg probiert hattem, aber richtig gewesen. Es war die neuere Variante. Warum ich den Vierer (!) aber nicht hochgekommen bin, kann ich nicht sagen.
Aber es ist noch nicht aller Tage Abend.

Beim Auto wurde alles verstaut. Nachdem auch der Kindersitz abgebaut und im Kofferraum verstaut war (ein Kombi hat schon seine Vorteile), konnten wir alle einsteigen.
Kurze Zeit später waren wir am Plateau bei unserem Wagen. Schnell alles umgeladen.

Dann habe ich alle auf ein Getränk eingeladen. Während wir gemütlich beim Post saßen, kam immer mehr die Sonne raus.
Wir haben noch eine Weile über unsere diversen Kletter- und Motorradabenteuer schwadroniert, ehe wir uns auf die Heimfahrt machten.

Einer der anderen wollte sich aber noch zwei Längen abseilen um die drei zurückgelasenen Expressen zu bergen. Ich hoffe, dass ihm das geglückt ist.

Wie ich zu Hause, bei der Kontrolle und Sichtung unserers Materials, festgestellt habe, habe ich es gesachafft, irgenwo meinen Helm liegenzulassen. Vermutlich im Auto der anderen.
Da ich aber keinen Namen, keine Telefonnummer, keine E-Mail oder sonstwas habe, bleibt mir nur,eine Einschaltung im Forum von bergsteigen.at – und die Hoffnung, dass diese von den richtigen Leuten gelesen wird.

Alle Bilder vom heutigen Tag findest du hier (9 Bilder).